Sie heißen OYSTER, PIRANHA, BARRACUDA, SHARK und ORCA. Man könnte meinen, es handle sich hier um eine Aufzählung von mehr oder weniger bissigem Meeres- und Flussgetier. Doch falsch: Tatsächlich sind das Bezeichnungen für Lasersysteme der Kornwestheimer Firma ACSYS Lasertechnik GmbH. Schon der Name für die erste ACSYS-Lasermaschine, der „BARRACUDA“, zeigt, wodurch sich die Firma von Anfang an auszeichnen wollte: durch Präzision, Geschwindigkeit, Individualität und Innovation.
Vor zehn Jahren, im April 2003, gründeten vier ehemalige Mitarbeiter eines Maschinenbaubetriebs, die nicht länger von Investorenentscheidungen und -sparmaßnahmen abhängig sein wollten, eine eigene Firma und nannten sie ACSYS: Gerhard Kimmel sollte sich in Kornwestheim um Vertrieb, Finanzen und Marketing kümmern, Claudia Hartmann um Anwendungstechnik und Kundensupport, Mitgründer Christian Greiffenhagen um das Ersatzteilwesen. Mirko Jedynak war am Standort Mittweida für Produktion und Entwicklung zuständig. Schnell war auch eine Gründungsmannschaft aus 11 Mitarbeitern beisammen. „Es herrschte damals eine richtige Aufbruchsstimmung, alle waren hochmotiviert“, erinnert sich Kimmel heute. Der geschäftsführende Gesellschafter denkt gern an diese Zeiten zurück, als ACSYS noch eine richtige Start-Up Firma war und die Mitarbeiter in einer kleinen Werkstatt in Mittweida an ihrer ersten Maschine tüftelten.
Noch im Jahr der Firmengründung konnte ACSYS acht Lasermaschinen der ersten Generation verkaufen, „gerade so viele, um die Verbindlichkeiten decken zu können“, erinnert sich Kimmel schmunzelnd. „BARRACUDA“, „SHARK“ und „PIRANHA“ wurden sie getauft, in Anspielung an das kontaktlose Arbeiten mit dem Laserstahl im Gegensatz zum spanabhebenden Fräsen – berührungslos wie ein Fisch im Wasser eben. „Wir wollten damals keine 08-15-Namen für unsere Maschinen“, sagt Kimmel. Stattdessen wählten die Firmengründer Bezeichnungen, die international funktionieren sollten und sich schnell einprägten. Und das habe hervorragend funktioniert, findet der Geschäftsführer. Eine Innovation im Maschinenbau und das Alleinstellungsmerkmal zum Start war die äußerst schwingungsarme Basis der Lasersysteme aus Polymerbeton und Stahl. Im zweiten Jahr wurden bereits 39, im dritten 55 Maschinen verkauft. Und in den kommenden zehn Jahren sollten noch zahlreiche Neuentwicklungen mit sprechenden Fischnamen folgen: 2004 brachte ACSYS die „OYSTER“ auf den Markt. Wie der Name erahnen lässt, ist diese Tischanlage die kompakteste Laserlösung bei ACSYS und eignet sich besonders für kleine Werkstücke. Das mehrtonnige Großraumsystem „ORCA“ das mit einem Kran beladen werden kann rundete die Produktpalette ab. Mit dem „EAGLE“ kam zum Laserbeschriften und –gravieren die Laserdigitalisierung hinzu, mit den Baureihen „cut“ und „weld“ das Laserschneiden und Laserschweißen. Außerdem bietet die Firma mit dem „INLINER“ ein flexibles Baukastensystem für Integrationslösungen an. Bereits im Jahr 2007 investierte das Unternehmen am Standort Mittweida in ein eigenes Entwicklungs- und Produktionszentrum mit mehr als 2000 m² Fläche, und produziert dort mit sehr hoher Fertigungstiefe sowohl Standardsysteme als auch flexible kundenspezifische Lösungen.
Lasertechnik wird heute in vielen Bereichen der Industrie eingesetzt: um Schmuck zu gravieren, um Elektroteile mit Seriennummern zu beschriften, um Reißverschlüsse mit Schriftzügen und Logos zu versehen, um Metallrohre und Bleche zu schneiden, aber ebenso, um Münzen zu prägen und medizinische Geräte wie Knochensägen aus Metallblechen auszuschneiden oder Skalpelle und Kanülen zu kennzeichnen. „Fast jedes Autoteil wird in irgendeiner Hinsicht mit dem Laser bearbeitet“, erläutert Marketingleiter Thilo von Olnhausen. Das gilt etwa für die beleuchteten Knöpfe im Armaturenbrett, die im Lack-Tag-/Nacht-Design gefertigt werden. Dabei wird Lack in Form des benötigten Zeichens – zum Beispiel der Nebelschlussleuchte – mit einem Laser abgetragen. Der Schalter wird an dieser Stelle lichtdurchlässig, das Zeichen durch die dahinter liegende Beleuchtung sichtbar. Zunehmend besteht Bedarf an Laseranlagen für funktionale Oberflächen und Designstrukturen. Eine Tatsache die dem Umstand Rechnung trägt, dass sich moderne Lasersysteme präzise steuern und dosieren lassen.
Neben der Automobilbranche sowie der Schmuck- und Medizinbranche sind für ACSYS auch die Kontakte zur Münzprägung wichtig, der „Speerspitze“ in der Laserbranche in Sachen Präzision, Design und Flexibilität, wie von Olnhausen sagt. Und die Zeichen für die Zukunft stehen gut: Die bestehenden Kontakte zu weltweiten Münzprägestätten könnten durch eine ganz neue Errungenschaft von ACSYS Auftrieb bekommen. Denn es ist der Firma gelungen, mit Lasern den so genannten Regenbogeneffekt auf Metall herzustellen: Ein Laserstrahl kann die Oberfläche eines Metalls im Mikro-Bereich so verändern, dass ein Spiegeleffekt entsteht, der das Metall in den verschiedenen Farbspektren schillern lässt. Der Effekt ließe sich nutzen, um ähnlich wie bei Geldscheinen auf Münzen Sicherheitshologramme zu prägen. „Wir haben das mit einem Laser hingekriegt, mit dem es theoretisch eigentlich gar nicht möglich ist“, berichtet von Olnhausen. Zwar sei dieser Schillereffekt selbst nichts Neues. Doch man habe ihn bisher nur mittels eines aufwändigen Verätzungsprozesses herstellen können oder mit Hilfe von sehr kostenintensiven Ultraviolettlasern. Die Kunden jedenfalls sind von der Innovation begeistert und wollen die neue Anwendung auch bald an ihren Maschinen testen.
Um immer auf dem aktuellen Forschungsstand in der Lasertechnik zu sein, arbeitet die Firma in Mittweida seit der Gründung eng mit dem Laserinstitut der dortigen Hochschule zusammen. Viele der Bachelor-und Masterstudenten, die in den vergangenen Jahren bei ACSYS ihre Abschlussarbeit geschrieben haben, sind heute als Diplomingenieure bei dem Lasertechnikunternehmen tätig. Die enge Zusammenarbeit zeigte früh Erfolge: 2004, schon ein Jahr nach der Gründung ging die Firma mit einer Software-Revolution an den Markt. Das kameragestützte LAS-System (Live Adjust System) des Unternehmens hat bis heute in der Branche keine Konkurrenz gefunden. Dabei können die Kunden dank einer Präzisions-Kamera das Design präzise an einem Monitor layouten, bevor sie mit dem für das Auge nicht sichtbaren Laser das Werkstück gravieren oder beschriften lassen. Gegenüber anderen Systemen, bei denen direkt am Werkstück geplant wird und leidglich ein rot beleuchtetes Feld den ungefähren Ort der Gravur markiert, kann so der Ausschuss deutlich verringert und das Design detailliert an Form und Größe des Werkstücks angepasst werden. Ein besonders komplexes System brachte ACSYS außerdem im Jahr 2006 zur Marktreife. „Diese automatische Bilderkennung haben wir unseren Softwarespezialisten und unserer marktorientierter Entwicklungsdynamik zu verdanken“, sagt von Olnhausen. Die Erfindung sei aus einer spezifischen Anforderung heraus entstanden. „Ein Kunde wollte seine Werkstücke zur Zeitersparnis lose ins Magazin einlegen und nicht palettiert.“ Daraus entstand die „Optical Part Recognition“, bei der eine Kamera automatisch die Anordnung und Drehung der Werkstücke erkennt und der Laser an jeweils derselben Stelle die Gravur oder Beschriftung anbringt.
Der starke Fokus auf kundenspezifische Lösungen ist laut von Olnhausen das Alleinstellungsmerkmal von ACSYS. „Bei uns kann jeder an die Tür klopfen, wir suchen für jedes Problem eine Lösung“, sagt er. So konnte die Firma auch im Krisenjahr 2009 von ihrer branchenbreiten Aufstellung profitieren. Zwar gingen die Aufträge im Bereich der Auto- und Werkzeugbranche zurück, dafür interessierten sich die Kunden aber vermehrt für Speziallösungen. Mitten im Krisenjahr eröffnete die Firma gar einen dritten Standort in Lüdenscheid, mit inzwischen fünf Mitarbeitern. Von Sparmaßnahmen, denen die Unternehmensgründer vor zehn Jahren entflohen, heute keine Spur: Es wird investiert. Aus den anfänglichen 11 Mitarbeitern sind inzwischen fast 90 geworden, die im Jahr 2012 einen Umsatz im zweistelligen Millionenbereich erwirtschafteten. Etwa 700 Maschinen hat die Firma in den vergangenen zehn Jahren verkauft. Dabei arbeitet ACSYS mit Partnern in 35 Ländern der Erde und betreibt in England die erste eigene Niederlassung. Noch in diesem Jahr wird ein weiterer Standort in den USA eröffnet. Pünktlich zur Jubiläumsfeier im Juni diesen Jahres wird ACSYS das neue 4000 m² große Entwicklungs- und Produktionszentrum in Mittweida beziehen. Und auch in Kornwestheim ist in Kürze der Spatenstich für einen Neubau gegenüber den derzeitigen Geschäftsräumen im Techmoteum geplant. Die sprechenden Namen der Lasermaschinen bei ACSYS sollen eben nicht zu viel versprechen: Kreativität, Individualität und Dynamik – so lautet auch die Philosophie des Unternehmens.